Sonntag, 13. März 2016

Buchrezension "Witwe Meier und die toten Männer"

Genre: Kriminalroman
Autor: Jettte Johnsberg
Verlag: Gmeiner
Format: Taschenbuch
Seitenzahl: 248
Kosten: 10,99€


Witwenschwarz
Frau Meiers Leben bewegt sich farblich im Spektrum zwischen sahara-beige und schlammfarben. Sie  ist in den Sechzigern, verbittert, ein wenig böse und kugelrund. Das macht das Leben weder für sie noch für die anderen locker, luftig und leicht. Ihr Dasein wird jedoch bunt und schillernd, als einige unerwartete und mehr oder weniger bedauerliche Todesfälle in ihrem Umfeld geschehen.
Doch obwohl nicht alles Mord ist, was den einen oder anderen umbringt, erwacht Frau Meier mit jeder Leiche zu neuem Leben.

Frau Meier lebt alleine, ihre Tochter schon längst groß, ihr Mann vor einiger Zeit verstorben. Das hat sie hart werden lassen. Sie kennt kaum jemanden, geht nicht aus dem Haus, außer sie muss mal wieder zum Arzt, und bleibt lieber jeden Abend auf der Couch, um ihre Serien zu gucken. Als dann ihre Schwester für einige Zeit bei ihr bleiben möchte, weil sie ihr Geschäft ankurbeln will, kommen so einige Dinge ins Rollen, die Frau Meiers Leben komplett umkrempeln.



Ich habe noch nie so eine alte Schreckschraube wie Frau Meier erlebt! Sie ist ja teilweise wirklich, wie man sich alte verbitterte Menschen vorstellt bzw. wie man ihnen heutzutage auch manchmal begegnet. Zugegeben, sie ging mir richtig auf den Sack. Ich hab sie zu Anfang gehasst. Alles dreht sich nach ihrer Nase, ihr geht es ja ach so schlecht und niemanden kann es schlimmer getroffen haben als sie, sie meckert gefühlt ständig mit ihrer Tochter und reagiert bei manchen Dingen total über, wo es nicht mal angemessen ist. Da taten mir wirklich alle leid, die mit ihr auch nur ansatzweise Kontakt hatten. Und urplötzlich verändert sich alles, nachdem ihr Nachbar unter für sie seltsamen Umständen gestorben ist. Sie verändert sich komplett. Und da wurde sie für mich erst erträglich. Sie hat aufgehört, über alles und jeden zu meckern.
Ihre Schwester ist da genau das Gegenteil. Nicht so prüde, aufgeweckter, positiver eingestellt auf das Leben. Da sieht man mal, wie verrückt sowohl die Genetik, als auch das Leben spielt, weil sich beides letztendlich auf einen auswirkt. Habe ich wirklich bei Frau Meier gemerkt.
Die Figuren sind zum Leben erwacht. Man könnte sie alle einfach aus dem Alltag rausnehmen, wahrscheinlich sogar noch in der eigenen Nachbarschaft. Das hat das Lesen um einiges einfacher und schöner gestaltet. Und auch einige kleine ältere Ausdrücke haben es versüßt, passend zum etwas fortgeschrittenen Alter von Frau Meier.
Durch Frau Meiers Haltung und weil ihr Vorname nie genannt wurde, fehlte mir dann in gewissermaßen die Beziehung zu ihr. Das ist bestimmt gewollt so, finde ich auch sehr passend zum ganzen Geschehen und einfach allem, aber auch ein bisschen schade, weil sie die Protagonistin ist. Aber wie gesagt, es war äußerst passend.
Was ich ein bisschen störend fand, war, dass immer wieder neue Abschnitte gemacht wurden und keine Absätze. Manchmal hat es gepasst, oft fand ich es super unnötig, weil ein einfacher Absatz gereicht hätte, um kenntlich zu machen, dass zum Beispiel nur jemand anderes spricht oder jetzt jemand etwas macht. Ich habe mich zwar mit der Zeit dran gewöhnt, blöd fand ich es trotzdem.
Was auch zeitweise etwas komisch war, dass es so viele Kapitel auf so kurzem Raum gab. Teilweise angebracht, teilweise aber auch irgendwie unnötig. Wobei die Kapitelüberschriften sehr vielsagend waren, was mir widerum gut gefallen hat.
Außerdem fand ich es ziemlich lustig. Ich habe mich, leider, muss man eigentlich sagen, über die Todesfälle amüsiert, weil sie sehr unterhaltsam geschildert und kommentiert wurden. Schwarzer Humor ist einfach toll. *lach*
Was mich aber auch noch gestört hat, dass der Leser direkt angesprochen wurde. Das nahm mir dann den Film aus meinem Kopf, dass ich wirklich dabei wäre, schickte mich sofort auf meinen Leseplatz und gab mir das schmerzliche Bewusstsein, dass ich "nur" ein Leser bin und nicht Teil der Geschichte, auch wenn ich nur daneben Platz genommen habe.
Das Ende. Man! Darüber muss ich mich jetzt mal auslassen. Eigentlich ist es total schön, wirklich, wäre da nicht die eine Kleinigkeit, die mich jetzt noch total beschäftigt. Das geht mir nicht mehr aus dem Kopf und es ist, für mich zumindest, so bedeutend, was da verheimlicht wird, dass ich wirklich die ganze Zeit darüber nachdenke. Ich habe hier mit offenem Mund gesessen und konnte nicht fassen, dass es jetzt so vorbei sein soll. Dabei will ich die Sache doch unbedingt wissen. *schmoll* Und ich glaube, ich werde nicht die einzige sein, die sich darüber den Kopf zerbrechen wird.
Noch eine Sache: Manchmal lief mir der Sabber aus dem Mund. Da werden teilweise so leckere Gerichte genannt, da habe ich sofort Hunger bekommen.
Mein Tipp: Ich sehe gerne über die Kleinigkeiten hinweg, die mich gestört haben, weil ich summa summarum das Buch echt toll finde (außer die Sache mit dem direkten Ansprechen, das war doch meines Erachtens sehr blöd). Das Cover ist wirklich passend gewählt und bringt mich im Nachhinein doch zum Schmunzeln, die Figuren sind so lebensnah wie nur möglich, direkt aus der Nachbarschaft gegriffen und bleiben definitiv in Erinnerung. Das Ende kam doch unerwartet, aber fließend, mit bleibendem Eindruck. Durch den guten Lesefluss ist es umso einfacher einzusteigen. Sehr lohnend.
                                                                                         (Bilderquelle: Gmeiner